Formel 1 Geschichte Niki Lauda und Sebastian Vettel im gemeinsamen RTL-Interview

Zusammen sind sie lebendige Formel 1 Geschichte: Niki Lauda und Sebastian Vettel. Gemeinsam haben sie deshalb dem Fernsehsender RTL ein geniales Interview gegeben.

„Niki Lauda und Sebastian Vettel – das gemeinsame RTL-Interview über die Formel 1 damals und heute

Der eine ist 62 Jahre alt und holte vor 27 Jahren seinen letzten von insgesamt drei WM-Titeln in der Formel 1, der andere ist 23 Jahre alt und wurde im Vorjahr erstmals Weltmeister. Formel 1-Ikone Niki Lauda, der heute als RTL-Experte die Rennen analysiert und Sebastian Vettel, jüngster WM-Sieger aller Zeiten, trafen sich vor dem Großen Preis von Barcelona für den übertragenden Sender RTL in Österreich zu einer gemeinsamen Fahrt durchs Grüne, um sich über die Königsklasse damals und heute zu unterhalten. Im Infiniti G 37 sprachen die beiden mit RTL-Reporter Felix Görner u. a. über Unfallgefahren damals und heute, Frauen an der Rennstrecke, die Sucht nach Siegen und über Michael Schumachers Aussichten in der Formel 1. Das komplette Gespräch zeigt RTL im Countdown zum Qualifying und zum Rennen am Samstag bzw. Sonntag jeweils ab 12.45 Uhr.

Erst einmal gab es vom Altmeister für den Jung-Champion ein dickes Lob für reichlich Talent und fahrerisches Können:
Lauda: „Erst einmal muss man Geschwindigkeit haben – die hat er unbestritten. Dann muss man lernen, immer besser zu werden. Und intelligent ist man dann, wenn man im richtigen Moment vom Gas geht. Willst du Rennen gewinnen, musst du alles in dir vereinen. Das hat der Sebastian, und deshalb ist er so gut. Er hat von allen Seiten den richtigen Anteil in die Wiege gelegt bekommen. Alles andere ist harte Arbeit, die er sich selbst nur beibringen kann. Und da ist er für mich der Größte.“

Sebastian Vettel (li.) und Niki Lauda (c) RTL
Sebastian Vettel (li.) und Niki Lauda (c) RTL

Blick zurück – die 70er und 80er Jahre, in denen Niki Lauda  Im Kreis rum fuhr. Laxere Sicherheitsvorkehrungen, kaum Auslaufzonen, immer wieder schwere Unfälle, verletzte Piloten, tote Piloten…
Vettel: „Sich da hinein zu versetzen, was es bedeutet haben muss, mit 20 anderen im Raum zu sitzen und zu wissen, dass zwei oder drei und vielleicht man selbst am Ende der Saison nicht mehr da ist, das kann man sich nicht vorstellen, das ist furchtbar. Früher war es gang und gäbe, dass neben der Strecke der Baum stand, dass man den nicht gefällt hat, nur weil da vielleicht zwei, drei Mal ein Rennen stattfindet. Auch aufgrund der Initiative etwa von Jochen Rindt und auch Niki Lauda Initiativen unternommen hat, um die Strecken sicherer zu machen, Auslauf zu schaffen. Es ist heute eine sicherere Formel 1, aber ein gewisses Risiko ist immer dabei.“

Darf man als Formel 1-Rennfahrer überhaupt Angst haben?

Vettel: „Den Respekt darf man nicht verlieren. Angst hat man nicht, wenn man etwa im Qualifying versucht, alles rauszuquetschen. Das Gefühl, wo ich Angst verspüre, ist die Hilflosigkeit in dem Moment, wenn man die Kontrolle über das Auto verliert wie zuletzt in der Türkei. Auch wenn es Ruckzuck geh, kommt es einem wie eine Ewigkeit vor, wenn man den Einschlag nicht mehr verhindern kann.“

Lauda: „Angst in dem Sinne gibt es nicht. Rennfahrer müssen furchtlos sein. Angst gab es auch zu meiner Zeit nicht, du musstest immer wissen, wieweit kann ich hierbei gehen. Wenn Du einschlägst, und das Problem habe ich ja öfters zustande gebracht habe, habe ich auch keine Angst gehabt, sondern habe mich geduckt und gehofft, das alles gut geht.“

Sebastian Vettel nach seinem historischen Start-Ziel-WM-Sieg in Abu Dhabi, wo der Red-Bull-Pilot als Erster die Ziellinie überquerte und sich damit zum jüngsten Formel 1-Weltmeister aller Zeiten krönte. (c) RTL / Lukas Gorys
Sebastian Vettel nach seinem historischen Start-Ziel-WM-Sieg in Abu Dhabi, wo der Red-Bull-Pilot als Erster die Ziellinie überquerte und sich damit zum jüngsten Formel 1-Weltmeister aller Zeiten krönte. (c) RTL / Lukas Gorys

Ob nun Niki Laudas Ehefrau oder Sebastian Vettels Freundin Hanna – beim Thema Partner an der Rennstrecke waren und sind die beiden konsequente Verweigerer…
Vettel: „Generell ist es nichts Schlechtes, wenn Frauen an der Rennstrecke sind (lacht), aber bei der eigenen ist es was anderes. Irgendwo muss man gewisse Grenzen abstecken. Wenn man wichtige Leute mitbringt an die Rennstrecke, dann möchte man automatisch, ob bewusst oder unbewusst, für sie da sein und für sie sorgen. Wenn jetzt meine Freundin dabei wäre, hätte ich wahrscheinlich das Bedürfnis, mich drum zu kümmern. Dann weiß ich aber, dass sich das nicht mit der Arbeit vertragen würde, sprich: dass ich im Meeting nicht ganz da bin, einen kleinen Punkt vergesse. Für mich lässt sich das nicht vereinbaren, auf der einen Seite voll für einen da zu sein, der mir wichtig ist und für den ich da sein will, und auf der anderen Seite mich zu hundert Prozent auf meinen Job zu konzentrieren.“

Lauda: „Frauen an der Rennstrecke gehören zur Formel 1 dazu. Aber jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er seine eigene Frau mitbringt. Keine Frau kann Dir helfen, Dein Auto einzustellen oder schnelle Runden zu drehen. Bei mir war ganz klar: Schuster, bleib bei Deinen Leisten, Arbeit ist Arbeit, und da ist meine Frau nicht mitgefahren. Ich finde, wenn Frauen sich in die Formel 1 drängen, Monte Carlo ist da das beste Beispiel, dann sehe ich in dem Moment, dass die Frau egoistisch ist. Sie will jetzt mitspielen bei dieser Plattform sogenannter VIP’s, die ohnehin keine sind. Und das finde ich grundsätzlich falsch.“

Schnellste Runde, die meisten Poles, die meisten Siege usw. – die Datenbanken der Formel 1 spucken auf Knopfdruck unzählige Statistiken aus. Wie halten es Lauda und Vettel damit?
Vettel: „Wenn man sich Zahlen oder Statistiken als Ziel setzt, glaube ich nicht, dass das funktioniert. Ich fahre jetzt nicht danach, dass ich eine gewisse Anzahl an Grand-Prix-Siegen oder Pole Positions habe. Man muss es nehmen, wie es kommt. Aber ich bin ein unheimlicher Fan von Statistiken und schaue auch immer direkt nach einem Rennen nach, wo ich jetzt gerade stehe, das gebe ich schon zu. Ich weiß zum Beispiel, dass ich einen Grand-Prix-Sieg mehr habe als Mario Andretti, und der war eine absolute Legende.“

Lauda: „Ob ich nun drei Mal Weltmeister geworden bin oder vier mal hätte sein können, ist vollkommen Wurscht. Der erste Titel ist sowieso der Wichtigste, und das hat der Sebastian im letzten Jahr geschafft. Jetzt folgen noch alle Weltmeistertitel, die er mit seinem Team noch gemeinsam herausfahren kann. Und am Schluss wird zusammengezählt.“

Hymne, Champagnerdusche, das Victory-Zeichen – Lauda und Vettel haben das Gefühl reichlich genießen können, auf dem Podium zu stehen. Aber macht es auch süchtig, dabei ganz oben zu stehen?
Vettel: „Ja, schon. Man fährt, um zu gewinnen. Wenn man dann nicht als Erster ins Ziel kommt, ist das im ersten Moment schon eine Enttäuschung. Nix gibt einem diese Zufriedenheit, wenn man weiß, dass man das Rennen gewonnen hat und als Oberster auf dem Podest steht.“

Lauda: „Geärgert hat es mich nur, wenn ich gewinnen hätte können, aber dann irgendetwas passiert ist, wo ich den Sieg, der eigentlich klar war, verloren habe.“

Ein Thema, das derzeit im Fahrerlager, unter Experten und bei den Fans heiß diskutiert wird, ist die unbefriedigende Performance des siebenfachen Weltmeisters Michael Schumacher im Mercedes. Ist die Zeit des 42-Jährigen in der Königsklasse nicht abgelaufen? – fragen sich viele, auch wenn Schumi selbst nicht an einen Rücktritt denkt…
Vettel: „Ich glaube, man zieht da sehr voreilig die Schlüsse. Dass der Michael wahrscheinlich mit seiner Leistung selbst im Moment nicht zufrieden ist, wird er offen eingestehen und sagen. Aber vielleicht kann ich da den Niki zitieren: die ganzen Fahrer, deren Meinung befragt wird – ja, ob das immer alles so ernst zu nehmen ist? Ich glaube, da muss man die Füße auf dem Boden lassen, ein bisschen warten und dann wird sich das Ganze von alleine erklären.“

Lauda: „Jetzt kommt die Zeit, wo er gleich schnell fahren muss wie der Nico im gleichen Auto, überhaupt keine Diskussion. Wenn er das nicht schaffen würde, muss er es sich irgendwann überlegen. Genauso, wie ich es mir damals überlegen musste, als der kleine Alain Prost kam, ich die WM gerade noch mit einem halben Punkt gewinnen konnte wegen meiner Erfahrung. Im nächsten Jahr hat er mich in Grund und Boden gefahren im gleichen Auto. Da war für mich wirklich die Frage: Bin ich noch in der Lage, eine Generation früher, wie der für mich war, diese Leistung noch bringen zu können? Mir war klar, ich kann sie nicht mehr bringen und habe dann entschieden, ich hör auf. Und irgendwann wird der Michael auch zu der Entscheidung kommen müssen.“

Quelle Interview und Fotos: RTL